Weihnachtswünsche von Diözesanpräses Dr. Ulrich Seng
Bei vielen Adventsfeiern, die in diesen Wochen mit großer Sorgfalt geplant worden sind, stellte sich auch die Frage, welche Geschichten dabei vorgelesen werden sollten. Oft sind dann wohl „klassische“ Geschichten gewählt worden, in denen von Schnee, Frost, Armut und Not, von einladendem Licht und wärmendem Ofenfeuer in dunkler Nacht die Rede war.
Das rührt ans Herz und weckt weihnachtliche Gefühle. So wie auch die Lichterkette im heimischen Gartenbaum oder die Kerzen am Adventskranz zur Besinnung einladen und eine festliche Stimmung vermitteln. Das ist einfach schön, daran erfreue ich mich.
Und dann gehe ich durch die abendlichen Straßen und sehe eine Beleuchtung, die grell genug ist, um eine Flugzeuglandebahn zu erhellen. Aufgeblasene und beleuchtete Weihnachtsmänner, Rentiere mit Schlitten, Sterne und Zwerge blinken um die Wette – und weg ist die weihnachtliche Stimmung. Ich gehe enttäuscht daran vorüber.
Die alten Griechen hatten eine Weisheit: „Alles ganz, nichts zu viel!“ Damit haben sie eine zutiefst menschliche Erfahrung zum Ausdruck gebracht. Alles braucht ein menschliches Maß. Wenn man übertreibt, zerstört man das, worum es eigentlich doch geht. Das gilt dann wohl auch für Weihnachten.
Beim Kind in der Krippe gab es kein Feuerwerk und keine elektrisch verstärkte Rockband. Da gab es Engel, die zum Lobe Gottes aufforderten. “Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seiner Huld!“ Damit verdeutlichen sie, worum es zu Weihnachten wirklich geht: Gott liebt die Menschen so sehr, dass er selbst Mensch wird. Und er will die Menschheit zum wahren Frieden führen. Dafür verdient er jedes Lob!
Der Evangelist Lukas führt uns vor Augen, was mit Menschen geschieht, die sich auf diese Botschaft einlassen: Da kommen arme Hirten und reiche Könige, um anzubeten. Sie haben unmittelbar erfasst, dass mit der Geburt dieses Kindes ihr Leben im Innersten verwandelt wird. Es geht nicht um ein äußerliches Spektakel, das üppig zu feiern wäre, sondern um die beglückende Erkenntnis, dass der Mensch sich in Gott geborgen fühlen darf. Nicht zu viel also, gilt es Weihnachten zu feiern, aber ganz!
In einer amerikanischen Geschichte las ich von der Art und Weise, wie eine Familie Weihnachten feierte. Unter einem festlich geschmückten Baum fand sich ein Berg bunt eingepackter Geschenke. Auf ein Startzeichen hin durfte das jüngste Kind ein Geschenk nach dem anderen hervorholen und dem Beschenkten übergeben, solange bis alle Geschenke verteilt und ausgepackt waren. Das wars! Ein entleertes Fest! Nichts mehr zu Weihnachten.
Weihnachten ganz feiern, das heißt dann wohl, sorgfältig zu prüfen, wie die frohe Botschaft dieses Festes den Mitfeiernden zu vermitteln ist. In vielen Familien wird da das Weihnachtsevangelium vorgelesen, werden Lieder gespielt oder gesungen, wird mit einer würdigen Dekoration für eine festliche Stimmung gesorgt, wird eine Krippe aufgestellt. Wenn es um das Fest der Liebe geht, dann ist wohl entscheidend, dass wir uns überlegen, wie wir den anderen unsere Liebe erweisen können. Da können gute Worte und Gesten wichtig sein, wichtiger als manche Tradition, die nicht mehr richtig verstanden und geschätzt wird.
Manch einem sind ja die weihnachtlichen Gefühle, von denen oben die Rede war, suspekt geworden. Ich finde, Weihnachten darf ruhig gefühlvoll-festlich sein. Das kann auch ein Impuls sein, das andere in Angriff zu nehmen, von dem die Engel reden: Sich einzusetzen für den Frieden auf Erden. Sich von Christus zu einem neuen Menschen formen zu lassen, der das Leben aus dem Schöpfungswillen Gottes heraus gestaltet und so überall für das Gute eintritt.
Oder wie es ein geflügeltes Wort sagt:
„Mach´s wie Gott, werde Mensch!“
Frohe Weihnachten!